Sandesneben Über 500 alte Räder ins Rollen gebracht

Das Reparieren von Fahrrädern hat vielen Geflüchteten geholfen, Fuß zu fassen. Copyright: Katja Launer

Vier Jahre lang wurde hier geklönt, geschraubt, geschwitzt und gelacht. Am Sonnabend, 8. Juni 2019, öffnet die Fahrradwerkstatt der Flüchtlingsinitiative im Raum Sandesneben-Nusse nun zum letzten Mal. Und zwar aufgrund mangelnder Nachfrage. Doch was traurig klingt, ist eigentlich erfreulich, ...

... denn „Die Arbeit der hiesigen Ämter sowie unserer Initiative war so erfolgreich, dass viele Geflüchtete mittlerweile in den Erwerbsprozess integriert sind und keiner Unterstützung mehr durch das Projekt bedürfen“, erklärt Manfred Wulf. Er leitete ehrenamtlich die Werkstatt, welche im Laufe der Zeit mehr als 500 gebrauchte Drahtesel in Stand setzte und damit zahlreiche Menschen glücklich machte.

Kontaktforum – auch für Konfirmanden

Da wären zunächst die Empfänger: Kinder und Erwachsene deutscher oder ausländischer Herkunft, die auf einen fahrbarer Untersatz im ländlichen Raum zwingend angewiesen sind, um zum Amt, Arzt oder zur Schule zu kommen. Nicht wenige von ihnen haben auf einem Zweirad der Labenzer Werkstatt überhaupt erst Radfahren gelernt. Zudem nutzen viele Geflüchtete bei der Reparatur oder Übergabe der ökologischen Verkehrsmittel die Gelegenheit, sich für die Gastfreundschaft in Deutschland zu bedanken sowie für ein Gespräch über "dütt un dat". Bei angehenden Konfirmanden der Kirchengemeinde Sandesneben, die Pastor Ciprian Matefy begleitete, war die Werkstatt gleichfalls ein beliebtes Kontaktforum: sei es bei Fragen rund um Flüchtlingsthemen oder für ihre persönliche Aus- und Weiterbildung in Sachen Fahrradreparatur.

Sinnvolle Beschäftigung & breite Unterstützung

Kein Wunder, dass mit Blick auf die Schließung manch einen etwas Wehmut begleitet. Allen voran den aus Tschetschenien stammenden Alik Kukaev, der – genau wie Manfred Wulf – von Beginn an bei dem Projekt mit Rat und Tat dabei war. Er fand hier nicht nur eine Beschäftigung, sondern konnte zugleich „etwas zurückgeben“. Hinzu kamen weitere junge Männer mit Migrationshintergrund, die versiert und engagiert manch schrottreifes Fahrrad fachgerecht zerlegten und recyclebar machten.

Bis Ende September werden die Räumlichkeiten an der Hauptstraße 13 in Labenz nun geräumt, gereinigt und dann an ihre Besitzerin zurückgegeben. „Da die Eigentümerin zugunsten des caritativen Projektes stets auf die Erhebung einer Mietgebühr verzichtete, gilt ihr unser besonderer Dank“, sagt Manfred Wulf. „Ebenso möchten wir uns ausdrücklich bei den vielen Bürgern bedanken, die uns Fahrräder und Ersatzteile zur Verfügung stellten sowie beim Amt Sandesneben-Nusse und allen anderen, die die Werkstatt in den vergangenen Jahren unterstützten!“ 

Übrigens: Die Restbestände an Ersatzteilen, Fahrrädern und Werkzeug werden nach dem letzten Öffnungstag an Werkstätten in benachbarten Gemeinden übergeben.